Asien | 05.03.2011 China will langsamer wachsen

Asien | 05.03.2011 China will langsamer wachsen

Viele Augen blicken nach Peking auf die jährliche Sitzung des Nationalen Volkskongresses, der an diesem Samstag begonnen hat. Zum Ende des zehntägigen Kongresses soll der nächste Fünf-Jahres-Plan verabschiedet werden.

Unter besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen ist der chinesische Volkskongress zu seiner Plenarsitzung in Peking zusammengekommen. Zum Auftakt plädierte Ministerpräsident Wen Jiabao vor den rund 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes für ein langsameres Wachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, um eine nachhaltigere Entwicklung zu erreichen. Als Wachstumsziel gab der Regierungschef für dieses Jahr "rund acht Prozent" vor. 2010 war Chinas Wirtschaft noch um 10,3 Prozent gewachsen.


Das Haushaltsdefizit soll in diesem Jahr 900 Milliarden Yuan (umgerechtet etwa 98 Milliarden Euro) ausmachen - 150 Milliarden Yuan weniger als im Vorjahr, wie Wen Jiabao weiter berichtete. Das Defizit werde damit auf etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts fallen. Der Ministerpräsident versprach zudem einen schärferen Kampf gegen die Inflation, einen besseren Ausbau der Sozialsysteme, eine gerechtere Einkommensverteilung und die Förderung des ländlichen Raums.

Partei mit Vormachtstellung

Chinas Verfassung zufolge ist der Volkskongress das höchste Organ des Landes. Allerdings wird auch in der heute gültigen Fassung von 1982 schon im ersten Artikel die Vormachtstellung der kommunistischen Partei festgeschrieben. Deshalb sind die knapp 3000 Delegierten, die sich in der großen Halle des Volkes unter den Augen des überlebensgroßen Mao-Porträts direkt am Tiananmen-Platz im Herzen Pekings treffen, auch von der Partei handverlesen.

Das ist auch der Grund dafür, dass das nach Zahl der Abgeordneten größte Parlament der Welt in seiner gesamten Geschichte noch nie einen Gesetzesvorschlag abgelehnt oder einen Rechenschaftsbericht zurückgewiesen hat. Die wesentlichen Entscheidungen fallen in den Gremien der kommunistischen Partei. Und die hat sich auf der letzten Tagung ihres Zentralkomitees im Oktober auf den neuen Fünf-Jahres-Plan geeinigt. Das Abnicken durch den Volkskongress ist nur noch reine Formsache.


Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Willy Lam ist ein erfahrener China-Beobachter und Publizist. Seit Jahrzehnten verfolgt der mittlerweile in Hongkong lebende Lam die politischen Entsicklungen in China. Die wesentliche Veränderung im neuen Plan besteht für ihn in der vorgesehenen Umstrukturierung der Wirtschaft. "Man versucht von arbeitsintensiven, umweltfeindlichen, produzierenden Industrien wegzukommen, hin zu High-Tech, kapital- und technologie-intensiven Bereichen." Bedeutsam ist aus Sicht des Experten außerdem, dass schon im Vorfeld des Volkskongresses beschlossen wurde, das Wachstumsziel auf durchschnittlich sieben Prozent zu senken. Allerdings hatte Peking bereits während des letzten Fünf-Jahres-Plan versucht, das Wachstum auf 7,5 Prozent zu drosseln. Trotzdem wuchs die Wirtschaft durchschnittlich um rund 11 Prozent.

Die Kosten dieses Wachstums um fast jeden Preis sind inzwischen unübersehbar: Die Umwelt ist verpestet, Ressourcen schwinden, die Inflation galoppiert. Damit aber gerät auch die soziale Stabilität in Gefahr. Für den Hongkonger Journalisten Peter Qiu ist deshalb der zentrale Begriff für die chinesische Führung die "soziale Balance". Um diese zu halten, müsse es gelingen, die Bürger glücklich zu machen. Und Bedingung dafür sei es, die "finanziellen Ressourcen auf faire Weise umzuverteilen".

Versprechungen an das Volk

Nicht erst seit den Umwälzungen in Nordafrika ist die Sorge um die soziale Stabilität und die Furcht vor Unruhen ein zentrales Element chinesischen Regierungshandelns. Willy Lam liest dies auch aus dem neuen Fünf-Jahres-Plan heraus. Die Regierung versuche, Mitglieder benachteiligter Schichten gezielt zu befrieden, indem sie ihnen persönliche Vorteile aufzeige. "Sie sagt ihnen, dass ein größerer Teil des nationalen Einkommens in die medizinische Versorgung, in sozialen Wohnungsbau, Altersversorgung und so weiter gesteckt wird."

Der Ausbau der sozialen Sicherung ist für ein weiteres erklärtes Ziel der Regierung wichtig: die Stärkung des Binnenmarktes. Peking möchte wegkommen von der übergroßen Abhängigkeit von den Exportmärkten mit all ihren Schwankungen, die zudem zu Ärger mit den Handelspartnern führt. Solange aber die Chinesen ihre Ersparnisse für schlechte Zeiten aufbewahren, kommt die Binnennachfrage nur langsam in Fahrt.

Überraschungen unerwünscht

Die Partei bereitet die Sitzungen des Volkskongresses stets penibel vor, um Überraschungen zu vermeiden. Die ohnehin starken Sicherheitsmaßnahmen werden in dieser Zeit noch verstärkt. So ganz, meint der Pekinger China-Experte und Journalist Frank Sieren, lässt sich aber auch der Volkskongress nicht kontrollieren. "Das ist zwar ein nicht-gewähltes Parlament, eine Art Scheinparlament." Aber dabei dürfe man nicht vergessen, dass beim Volkskongress fast 3000 Menschen aus verschiedenen Provinzen zusammenkämen. Und diese Menschen würden ihren Ärger mit nach Peking bringen und sich darüber austaschen, so Sieren. Deshalb ist es seiner Meinung nach durchaus möglich, dass "die Teilnehmer sich bei bestimmten Themen zusammentun und innerhalb des Volkskongresses, vor allem in den Sitzungen rund um die Tagungen des Parlaments, ihrem Ärger auch Luft machen."

Derartige Szenen allerdings spielen sich hinter verschlossenen Türen ab. Von außen bekommt kaum jemand etwas davon mit.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Klaus Dahmann / Esther Felden


fuente: http://www.dw-world.de/ 

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