Türkei 30.12.2011 PKK ruft nach Luftangriff zum Aufstand auf





Die türkische Regierung hat das Bombardement einer Gruppe kurdischer Benzinschmuggler als bedauernswerten Unfall bezeichnet. Die kurdischen Parteien sprechen jedoch von einem "geplantem Massaker".



Nach dem Luftangriff auf eine Schmugglergruppe im kurdisch dominierten Grenzgebiet zum Irak hat die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) am Freitag (30.12.2011) zu einem "Aufstand" aufgerufen. "Wir rufen das Volk von Kurdistan auf, auf dieses Massaker zu reagieren", erklärte der Kommandeur Bahoz Erdal vom bewaffneten Arm der PKK. Was dies genau bedeute, blieb zunächst unklar. Die PKK benutzt den Begriff sowohl für Aktionen zivilen Ungehorsams als auch für gewaltsame Proteste und Angriffe auf die Sicherheitskräfte.



Bei dem Angriff in der Nacht zu Donnerstag waren in der Provinz Sirnak mindestens 35 Menschen getötet worden. Die Gruppe war offenbar mit Rebellen verwechselt worden, die dieselben Wege nutzen, um etwa Waffen in die Türkei zu schmuggeln.



"Es war unmöglich, zu sagen, wer sie sind"



Ministerpräsident Erdogan sprach den Angehörigen am Freitag sein Beileid aus und bezeichnete den Tod der Zivilisten als "bedauerlich und betrüblich". Die vor dem Angriff mittels Drohnen übertragenen Bilder hätten eine Gruppe von rund 40 Menschen gezeigt. "Es war unmöglich, zu sagen, wer sie sind." Erst später habe sich herausgestellt, dass es sich um Schmuggler gehandelt habe, die auf Maultieren Zigaretten und Benzin transportiert hätten.



PKK-Kommandeur Erdal warf dem türkischen Militär dagegen vor, absichtlich Zivilisten in dem Gebiet angegriffen und ein "organisiertes und geplantes Massaker" verübt zu haben. Dass in dem Grenzgebiet Menschen vom Schmuggel etwa mit Zigaretten und Treibstoff lebten, sei bekannt und es sei daher "unmöglich", dass die Zivilisten nicht als solche erkannt worden seien. Auch der BDP-Abgeordnete Hasip Kaplan sagte, die Behörden wüssten, dass die Bewohner der Grenzregion vom Schmuggel lebten und regelmäßig die Grenze überquerten.



Schwere Ausschreitungen in Istanbul





Am Freitag nahmen in Istanbul mehrere tausend Menschen an einer Trauerfeier für die Opfer teil. Im Dorf Uludere, in dessen Nähe sich der Angriff ereignet hatte, protestierten erneut Einwohner aufgrund des Vorfalls und stießen Drohungen gegen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan aus. Bereits am Vortag hatten in Istanbul und vielen anderen Städten aus Reaktion auf den Angriff mehrere tausend Kurden gegen die türkische Regierung demonstriert, wobei es teilweise zu schweren Ausschreitungen gekommen war.



Der Generalstab der türkischen Streitkräfte hatte am Donnerstag zunächst erklärt, der nächtliche Angriff habe mutmaßlichen kurdischen Kämpfern gegolten. In der Region gebe es keine Zivilbevölkerung, sondern nur "Stützpunkte der Terrororganisation" PKK, hieß es auf der Internetseite des Militärs. Die Regierungspartei AKP sprach jedoch bereits am Abend von einem "bedauernswerten Unfall" und kündigte eine Untersuchung an: "Wenn es sich um einen Fehler oder um Fahrlässigkeit handelt, wird es herauskommen", hieß es auf einer Pressekonferenz.



Die schwer zugängliche Bergregion entlang der Grenze zum Irak ist das Rückzugsgebiet der PKK. Die türkische Armee fliegt immer wieder Angriffe auf die Rebellen und ihre Stützpunkte im Nordirak. Die PKK kämpft seit dem Jahr 1984 gegen den türkischen Staat. In dem Konflikt kamen seither rund 45.000 Menschen ums Leben. Zentrale Forderung der Organisation ist mittlerweile nicht mehr die nach einem eigenen Staat, sondern die nach mehr politischer und kultureller Eigenständigkeit der kurdischen Minderheit in der Türkei. Dort leben schätzungsweise 14 Millionen und damit fast die Hälfte aller Kurden weltweit, die vor allem im Dreiländereck Türkei, Irak und Iran zuhause sind.



Autor: Florian Meyer (dpa, afp,rtr,dapd)

Redaktion: Sabine Faber





fuente: Deutsche Welle, http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15637481,00.html

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