Elfenbeinküste | 08.03.2011 Die Elfenbeinküste am Rande eines Bürgerkriegs

Elfenbeinküste | 08.03.2011 Die Elfenbeinküste am Rande eines Bürgerkriegs

Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Outtara-Anhänger vor den angeblichen Überresten dreier Gbagbo-Soldaten, die sie am Montag (07.03.2011) getötet haben Die Konflikte in der Elfenbeinküste haben sich in den vergangenen Wochen immer mehr zugespitzt. Mehrere hundert Menschen starben. Tausende sind auf der Flucht. Ein Bürgerkrieg wird immer wahrscheinlicher.

Die Elfenbeinküste ist wegen der Proteste in der arabischen Welt aus dem Blickfeld geraten. Dabei hat sich die Lage dort in den vergangenen Wochen immer mehr zugespitzt. Nach wie vor weigert sich Ex-Präsident Laurent Gbagbo von der Macht zu weichen. Die ihm treue Armee liefert sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit Anhängern seines Widersachers, Präsident Alassane Ouattara. Die Lage wird immer dramatischer.

Blutbad nach friedlichen Protesten

"Ado" rufen die Anhänger von Wahlsieger Alassane Outtara, immer wieder "Ado" - seinen Spitznamen. Vergangene Woche gehen hunderte Frauen in bunten Kleidern für Ouattara auf die Straße - im dichtbesiedelten Armenviertel Abobo, im Norden von Abdjan. Hier hat der international anerkannte Präsident der Elfenbeinküste viele Anhänger. Die Stimmung ist ausgelassen. Bis plötzlich Schüsse fallen. Panik bricht aus. Es gibt viele Verletzte, sechs Frauen sind sofort tot. Sie liegen in ihrem Blut, in den Händen halten sie noch die Poster, auf denen Ouattara lebensgroß lächelt, und auf denen steht: "Gbagbo, Du hast die Macht gestohlen!". Ein Augenzeuge erzählt: "Unsere Frauen wollten friedlich demonstrieren – natürlich waren sie nicht bewaffnet. Und dann kamen plötzlich diese gepanzerten Fahrzeuge an, und Gbagbos Leute haben wild um sich geschossen."

Die Nachrichtenagentur AP veröffentlicht ein wackeliges Video im Internet. Darauf sind eindeutig Panzer der Gbagbo-treuen Armee zu sehen, die die Szene schnell verlassen. Doch Gbagbo bestreitet, dass seine Leute verantwortlich sind für das Massaker von Abobo. Vielmehr beschuldigt er die UN-Mission in der Elfenbeinküste, "Terroristen" ins Land einzuschleusen. Diese seien für den Tod der Frauen verantwortlich. Hamadoun Touré, Sprecher der UN-Mission, hat für diesen Vorwurf nur trauriges Kopfschütteln übrig und weist auf die schwierige Lage vor Ort hin: "In Abobo gibt es derzeit keine humanitäre Hilfe, es ist viel zu gefährlich. Überall liegen noch Leichen herum, aber sie können nicht geborgen werden. Deshalb fordern wir einen Waffenstillstand, damit man die Toten wenigstens beerdigen oder in eine Leichenhalle bringen kann."

Hunderte Tote, Hunderttausende auf der Flucht

In Abobo kämpfen die Soldaten von Laurent Gbagbo gegen eine Ouattara-treue Guerilla, die sich selbst das "unsichtbare Kommando" nennt. Die Gbagbo-treuen Jungen Patrioten, viele bewaffnet mit AK-47-Gewehren, Macheten und Messern, errichten Straßensperren. Jeden Tag gibt es Tote und Verletzte, die meisten von ihnen sind Zivilisten. Nach UN-Angaben sind seit der Wahl im November 2010 mindestens 365 Menschen ums Leben gekommen. Hinzu kommen unzählige Flüchtlinge. Allein aus Abobo sollen inzwischen mehr als 200.000 Menschen geflohen sein, sagt Hawa, die Leiterin einer Nichtregierungsorganisation, die aus Sicherheitsgründen ihren Nachnamen nicht nennen will: "Gbagbo, verschwinde, haben die Frauen bei dieser Demonstration gerufen. Aber das fordern wir schon viel zu lange. Ich weiß nicht, worauf die Internationale Gemeinschaft eigentlich noch wartet! Soll es etwa noch mehr Tote geben, noch mehr Greueltaten? Tagein, tagaus dasselbe furchtbare Bild. Und weil sich nichts tut, werden wir weiter marschieren!"

Beide Seiten bereiten sich auf einen Krieg vor

Offenbar rüsten derzeit beide Seiten mit Hilfe von Außen auf, damit sie vorbereitet sind, wenn es losgeht. Gbagbo scheint das Geld bislang nicht auszugehen - trotz internationaler Sanktionen. Am Montag (07.03.2011) hat er den Kakaohandel unter staatliche Kontrolle gestellt um sich die Einnahmen daraus zu sichern. Demnach dürfen die Produzenten ihren Kakao nur noch an den Staat verkaufen. Wie das staatliche Fernsehen am Montag berichtete, habe dies der Präsident per Dekret verfügt. Die Elfenbeinküste ist mit über einer Million Tonnen pro Jahr der größte Kakaoproduzent der Welt. Der Kakaohandel ist die Hauptdevisenquelle der Elfenbeinküste. Rund 40 Prozent der Exporteinnahmen stammen daher. Durch internationale Sanktionen kam der Kakaohandel allerdings zum großen Teil zum Erliegen.

Derweil machen sich die Ouattara-treuen Forces Nouvelles bereit, die Rebellen aus dem Norden. Sie nehmen bereits Orte im Westen des Landes ein. Was ein Krieg bedeuten würde, zeige sich schon jetzt, sagt Ouanmourou Koné von der Universität von Bouaké, der Rebellenhochburg im Norden: "Das ist unglaublich, in welchen Bedingungen wir hier leben müssen! Es gibt kein Wasser, keinen Strom, die Märkte sind leer. Wie sollen die Menschen im Krankenhaus versorgt werden? Wir sind am Boden. Bouaké ist am Ende. Wie sollen wir hier leben? Diese Politiker hier sind keine Menschen, sie sollen alle zur Hölle fahren!"

Bürgerkrieg wird immer wahrscheinlicher

Es könnte der Anfang des Bürgerkrieges sein, den internationale Beobachter bereits seit Monaten befürchten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte davor am Montag nochmals eindringlich: "Die Situation in Côte d'Ivoire birgt die Gefahr eines Bürgerkriegs und einer Flüchtlingskatastrophe mit erheblichen Folgen für die gesamte Region." Gleichzeitig forderte Westerwelle den bisherigen Präsidenten Laurent Gbagbo auf, dem rechtmäßig gewählten Präsidenten Alassane Ouattara "umgehend" die Macht zu übergeben.

Vor mehr als einem Vierteljahr wollte die Elfenbeinküste einen neuen Präsidenten wählen und mehr als zehn Jahre politisches Chaos beenden. Doch die Lage eskaliert weiter. Es scheint, als hätte der seit Monaten schwelende Machtkampf zwischen Gbagbo und Ouattara tatsächlich die Phase erreicht, in der er jederzeit in Krieg umschlagen könnte. Ouattara muss sich noch immer mit seinen Vertrauten in einem Hotel in Abidjan verschanzen. Die Vermittler der Afrikanischen Union geben sich die Klinke in die Hand, um Gbagbo zum Rücktritt zu bewegen. Vergeblich. Gbagbo schickt sie alle unverrichteter Dinge nach Hause. Und das Blutvergießen geht weiter in Abobo – und vielleicht bald auch im Rest des Landes.

Autor: Alexander Göbel und Marco Müller (dpa, rtr)
Redaktion: Christine Harjes


fuente: http://www.dw-world.de/ 

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