Ägypten : Mubarak bildet Kabinett um

Ägypten : Mubarak bildet Kabinett um



 Die tagelangen Proteste zeigen Wirkung. Präsident Mubarak tauscht ein Drittel seines Kabinetts aus. Doch die Demonstranten bleiben stur und verlangen seinen Rücktritt. Erstmals nennt die Armee deren Forderungen legitim.



Der greise ägyptische Präsident Hosni Mubarak hat die Mitglieder seiner neuen Regierung vereidigt. Zwar blieben die meisten Ministerposten unverändert, doch Mubarak löste am Montag (31.01.2011) den weithin verhassten Innenminister Habib el Adli ab. Damit kam er einer Forderung der Demonstranten nach, die el Adli für das harte Vorgehen der Polizei gegen die Protestierenden verantwortlich machen. Zum neuen Innenminister wurde ein General der Armee, Mahmud Wagdi, ernannt, wie das Staatsfernsehen berichtete.







Dagegen blieben Außenminister Ahmded Abul Gheit und Verteidigungsminister Mohamed Hussein Tantawi im Amt. Geschäftsleute sind im Kabinett nicht mehr vertreten. Insgesamt finden sich im neuen Kabinett nur etwa ein Drittel neue Minister. Bereits am Samstag hatte der 82-jährige Präsident General Ahmed Schafik zum neuen Regierungschef berufen.







Mit Reformen an der Macht bleiben







Mubarak forderte Schafik auf, entschieden gegen Korruption zu kämpfen und das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen. In einer am Montag verbreiteten Erklärung des Präsidenten heißt es: "Es soll künftig mehr Raum geben für die Beteiligung der Parteien am politischen Leben mit dem Ziel, eine freie, demokratische Gesellschaft zu schaffen, wie dies alle Menschen wollen."








Der offensichtliche Versuch, die Opposition mit der Kabinettsumbildung zu besänftigen, fruchtete wenig. Die Demonstranten, die trotz Ausgangssperre auch am Montag im Stadtzentrum von Kairo zusammenkamen, forderten abermals den Rücktritt Mubaraks. Für Dienstag kündigte die Oppositionsbewegung einen Generalstreik und einen "Marsch der Millionen" an. Ein Vertreter der fundamentalistischen Muslimbruderschaft sagte der Nachrichtenagentur AP, die Bewegung wolle mit Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei ein Komitee von Oppositionsgruppen gründen, um die verschiedenen Organisationen, die Mubaraks Sturz forderten, zu einen.







Armee stellt sich hinter Demonstranten







Am Montag teilte die Armee mit, sie wolle im Konflikt zwischen Regierung und Opposition Zurückhaltung üben. "Wir werden keine Gewalt gegen die Bürger einsetzen", heißt es in einer Erklärung. Die Forderungen der Bürger seien "legitim". Ferner versichert die Armee: "Die Meinungsfreiheit in friedlicher Form sei "für alle garantiert".







Angesichts der Unruhen gaben weltweit die Aktienkurse nach, während der Ölpreis stieg. Ägypten ist zwar kein großer Ölproduzent, aber wegen seiner Lage wichtig für die Ölversorgung des Westens: Durch die Sumed-Pipeline fließt Rohöl vom Golf von Suez zum Mittelmeer, außerdem durchqueren kleinere Tanker den Suezkanal.







Die Ratingagentur Moody's stufte am Montag die Kreditwürdigkeit Ägyptens herab – die Bonität wurde von Ba2 auf Ba1 gesenkt. Die Agentur befüchtet, dass die Staatsführung unter dem Druck der Straße teure Sozialprogramme auflegen könnte, die die angespannte Haushaltslage weiter verschärfen könnte.







Israel hält zu Mubarak










Der israelische Präsident Schimon Peres warnte vor der möglichen Machtübernahme eines radikalen Islamistenregimes in Kairo. Die Herrschaft religiöser Fanatiker wäre nicht besser als ein Mangel an Demokratie unter Mubarak, sagte Peres. Israel pflegt seit 30 Jahren gute Beziehungen zu Mubarak und ist an Stabilität am Nachbarland interessiert. Ägypten hatte 1979 als erstes arabisches Land einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen.







Die Europäische Union signalisierte, dass sie die Ägypter in ihrem Streben nach mehr Demokratie unterstützen wolle, hält sich aber in der Kontroverse um Mubarak weitgehend zurück. Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und danach freie Wahlen zu gewährleisten, sei oberstes Ziel, betonten die EU-Außenminister bei einem Treffen in Brüssel. Zugleich riefen sie die Regierung in Kairo auf, rasch Gespräche mit der Opposition aufzunehmen.







Bundesaußenminister Guido Westerwelle mahnte, dass jede Radikalisierung verhindert werden müsse. "Wir wollen nicht, dass radikale Trittbrettfahrer die Profiteure einer solchen freiheitlichen Demonstration werden können", sagte Westerwelle. Zugleich wies er den Vorwurf der Doppelmoral in den deutschen Beziehungen zu Ägypten zurück. Trotz aller Partnerschaft und auch der konstruktiven Rolle Ägyptens im Nahost-Friedensprozess habe die Bundesregierung die Führung in Kairo stets zur Einhaltung grundlegender Menschenrechte wie Demonstrations- und Pressefreiheit gemahnt.







Auszug aus Ägypten beginnt






Unterdessen begannen zahlreiche Staaten damit, ihre Bürger aus Ägypten auszufliegen. Zwei deutsche Flugzeuge brachte hunderte Deutsche nach Frankfurt am Main. Charterflüge nach Hause bestellten auch deutsche Firmen wie der Energiekonzern RWE und der Handelsriese Metro. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes leben allein im Großraum Kairo mehr als 5.000 Deutsche, im ganzen Land befinden sich einige zehntausende Bundesbürger dauerhaft in Ägypten.







Neben der Lufthansa organisierten auch Indien, die USA, China, Japan und die Türkei Extraflüge. Auch Griechenland und der Irak erklärten, Sondermaschinen stünden bereit. Das Auswärtige Amt verschärfte noch einmal seine Reisehinweise, gab aber keine Reisewarnung heraus.







Autor: Reinhard Kleber/Gerhard M Friese (dpa, afp, dapd, rtr)



Redaktion: Sabine Faber/Martin Schrader





fuente: http://www.dw-world.de/

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